I. Von den Anfängen bis zum Ende des 2. Weltkrieges

 

Als zum Ende des 19. Jahrhunderts die Menschen das während der Industrialisierungsjahre in Vergessenheit geratene Liedgut wiederentdeckten und sich weiterhin eine allgemeine Lebensfreude Platz verschaffte, entschlossen sich im März 1894 einige Meerhofer Bürger, ihrer Liebe zur Musik mit Hilfe von Instrumenten hörbaren Ausdruck zu verleihen, der wiederum bei den Mitbürgern starken Eindruck hinterließ. Die durch emsigen Fleiß und häufige Proben schon bald erzielte Harmonie ließ die 6 „Solisten": Emanuel Wiegers, Wilhelm Fahle, Joh. Seidensticker, Josef Wittgen, Joh. Bornemann und Joh. Hillebrand nach kurzer Zeit zu einem einzigen Klangkörper zusammenwachsen, zur Musikkapelle Meerhof, deren 100jähriges Bestehen wir 1994 feiern durften.


Die sechs Gründer übten zunächst unter der Leitung des Militärmusikers Müller. Zu diesem Zweck mussten sie sich einmal in der Woche in dessen Wohnort Scherfede einfinden, was angesichts der damaligen Verkehrsmittel oft beschwerlich genug gewesen sein mag. Ein weiteres Mal in der Woche trafen sie sich im Hause von Johannes Bornemann. Bereits im Gründungsjahr hatten die Meerhofer Musikanten ihren ersten öffentlichen Auftritt anlässlich des Kriegerfestes. Mit dem Anhören wuchs das Ansehen und mit der Beliebtheit die Zahl der Mitglieder des jungen Vereins. Acht Neumitglieder verstärkten das Orchester: Friedrich Rölleke, Wilhelm Schmidt (Böggen), Wilhelm Bunte, Bernhard Sieren, Wilhelm Schmidt (Müllerkes), Martin Bunte, Anton Wiegers und Joh. Fahle. Nun war die Kapelle so groß, dass Probenleiter Müller die Musiker wöchentlich einmal persönlich aufsuchte, um ihnen nicht nur die Flötentöne beizubringen. Dafür wurde er stündlich mit 5.- RM entschädigt, einer Menge Geld für die damalige Zeit, in welcher ein Handwerker kaum mehr als 40 Pfennig in der Stunde verdiente!

 

Als Vorsitzender und auch musikalischer Leiter der jungen Kapelle wirkte bis zu seinem Tode im Jahre 1909 Emanuel Wiegers. Das Repertoire der Meerhofer Musikkapelle wird sich in den Anfangsjahren im wesentlichen auf Militärmusik, gegebenenfalls noch auf kirchliche Musik beschränkt haben. Anlässe für eine militärisch-musikalische Zeremonie gab es in den ersten 20 Jahren des Besehens in jedem Jahr mindestens einmal, nämlich an Kaisers Geburtstag am 27. Januar. So heißt es in der Meerhofer Chronik: „Am 27. Januar wurde der Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers großartig gefeiert, ganz besonders durch den hiesigen Kriegerverein, welcher am Morgen gemeinschaftlichen Kirchgang hatte, wurde dann von der Musikkapelle abgeholt und dann ging´s zum Vereinslokal, wo dann ein gemütlicher Frühschoppen genommen wurde. Und am Abend fand Zusammenkunft und Concert in dem Fahleschen Saale statt." Ein bedeutungsvoller Anlass, mit Pauken und Trompeten die gesamte Einwohnerschaft durch das Dorf zu geleiten, bot sich 1907, als die Wasserleitung eingeweiht wurde. Die Musikkapelle bestand also schon 13 Jahre, bevor der erste Tropfen aus einem Meerhofer Wasserhahn rann!

 

Bei allen öffentlichen Veranstaltungen, die in irgendeiner Weise musikalischer Umrahmung bedurften, konnte die junge Kapelle ihr Können unter Beweis stellen. Aber auch zahlreiche andere Ortschaften richteten Einladungen an das Orchester, wenn in ihnen ein Fest geplant war.

 

Daran änderte sich auch nichts, als nach dem Tode von Emanuel Wiegers der Taktstock (und wohl auch die Vereinsführung) von Fritz Rölleke übernommen wurde. Er setzte das Vermächtnis seines Vorgängers in aufopfernder Bereitschaft und mit ungebrochenem Idealismus fort.

 

Der 1. Weltkrieg wurde zu einer harten Probe für die wenigen in der Heimat zurückbleibenden Musikanten. Mit viel Energie gelang es Fritz Rölleke, nach dem Kriege wieder einen ansehnlichen Klangkörper zusammenzubringen. Doch die Not der 20er Jahre führte dazu, dass etliche weitere Musiker Meerhof verließen, um in den Städten nach besseren Verdienstmöglichkeiten zu suchen.

 

Nach über 20 Jahren Dirigententätigkeit übergab Fritz Rölleke im Jahre 1930 seinem Sohn Xaver den Taktstock zur Leitung des damals auf 5 Mann reduzierten Orchesters.

 

Der neue Kapellmeister Xaver Rölleke ahnte zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch nicht, dass er wenige Jahre später vor politisch bedingten Problemen stehen würde, die er gewiss nicht ohne zähe Beharrlichkeit, unerschütterliche Treue zur Musik und schließlich auch nicht ohne ein gutes Maß Schlauheit hätte lösen können. Dabei ging es in erster Linie gar nicht um den Bestand der Kapelle; denn die nationalsozialistischen Machthaber wussten genau, welche propagandistische Wirkung man mit Blasmusik erzielen konnte. So wurde der Druck „von oben", sich in einen SA-Musikzug umzuwandeln, zunehmend stärker. Ein Ausweg wurde gesucht – und gefunden: Die Musikkapelle wechselte die Farbe, aber statt der braunen Uniformen zog sie die dunkelblauen der Feuerwehr an und wurde quasi über Nacht zur Feuerwehrkapelle. Damit stellten sich die Meerhofer Musiker unter den Schutz einer Institution, mit der sich nicht einmal nationalsozialistische Kommunalpolitiker anzulegen wagten.

 

In dieser neuen Rolle trat die damals etwa 12 Mann starke Kapelle bei allen öffentlichen Veranstaltungen in Meerhof auf und konnte auch einer Reihe von Verpflichtungen in den Nachbardörfern nachgehen. Auch für das Kriegerfest 1939 hatten die Mitglieder der Musikkapelle ein wohleinstudiertes Programm vorbereitet, den Instrumenten noch ein letztes Mal strahlenden Metallglanz aufpoliert, ihren Feuerwehrhosen exakte Kniffe einbügeln lassen; doch an diesem Tag – dem 1. September – wurde mit der Tradition plötzlich gebrochen: Die Mobilmachung wurde bekannt gegeben und mit ihr der Ausbruch des 2. Weltkrieges. Die meisten Musiker wurden zur Wehrmacht einberufen, die Kapelle wurde zerrissen. Fünf Musiker kehrten nicht mehr aus dem Krieg zurück: Anton Linnemann, Rudolf Dinkelmann, Hermann Blome, August Teipel und August Dülme.

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